Werden Anstandsschenkungen auf den Pflichtteil angerechnet?

Zu Ostern, Weihnachten, zum Geburtstag oder zu anderen besonderen Anlässen verschenken Menschen Geld an Freunde und Familienmitglieder. Auch unter Eheleuten ist es beispielsweise normal bzw. üblich, sich teure Geschenke zu machen. Solche Geschenke können allerdings unter Umständen erbrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. In einigen Situationen erhöhen sie nämlich den Pflichtteilsanspruch.

So wirken sich Schenkungen auf das Erbe aus

Schenkt ein Ehemann zu Lebzeiten seiner Frau teure Dinge, kann das nach dem Ableben zu Problemen führen. Die Kinder des Erblassers haben nämlich einen Pflichtteilsanspruch. Wurde die Frau regelmäßig beschenkt, könnten die Kinder auf die Idee kommen, dass ihr Pflichtteil viel höher ausfallen würde, wenn der Erblasser seiner Frau nicht so teure Geschenke gemacht hätte. Aus diesem Grund ist im Erbrecht die sogenannte „Anstandsschenkung“ aufgeführt und definiert worden. Es geht dabei um die Frage, welche Geschenke zu welchen Anlässen angemessen sind.

Bei einer Anstandsschenkung handelt es sich um Schenkungen, die zu Geburtstagen, dem Weihnachtsfest oder an besonderen Tagen, wie dem Abitur oder einer bestandenen Prüfung, erfolgen. Schenkungen, die von einem Erblasser zu Lebzeiten im Zusammenhang mit solchen Ereignissen erfolgt sind, wirken sich nicht auf den Pflichtteilsanspruch aus. Konkret bedeutet das, dass Pflichtteilsberechtigte keinen höheren Pflichtteil fordern können, wenn der Erblasser Schenkungen vorgenommen hat.

Die Höhe der Anstandsschenkung ist maßgeblich

Im Zusammenhang mit einer Schenkung und der möglichen Pflichtteilsforderung der Erben stellt sich allerdings natürlich die Frage, welche Beträge das gewöhnliche Maß übersteigen. Schenkt ein Ehemann seiner Frau jedes Jahr zum Geburtstag anstandshalber eine Diamantenkette, die 5.000,00 EUR kostet, ist nach dem Ableben zu hinterfragen, ob diese Schenkung dem Anlass angemessen war.

Im BGB ist nicht konkret definiert, welche Geschenkhöhe als angemessen angesehen wird und zu bestimmten Anlässen normal ist. Damit es zu keinen Erbstreitigkeiten kommt, regelt das BGB jedoch, dass die persönlichen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Verhältnisse, in denen sich der Beschenkte und der Schenker bewegt haben, maßgeblich sind.

Im oben genannten Beispiel ergibt sich für die Kinder kein Anspruch auf Erhöhung des Pflichtteils, wenn der Erblasser ein sehr hohes Einkommen hatte und er aus gehobenen Lebensverhältnissen stammt, in denen teure Geburtstagsgeschenke üblich sind. Bei einem sehr geringen Einkommen und Vermögen sowie durchschnittlichen Lebensverhältnissen wäre eine solche Schenkung dagegen eher unangemessen.

Es lässt sich oft jedoch keine pauschale Aussage zur Angemessenheit einer oder mehrerer Schenkungen machen. Im Erbrecht ist die Einordnung bzw. Entscheidung, wie in vielen Bereichen des Rechts, daher einzelfallabhängig. Deshalb lohnt es sich, im Zweifelsfall einen Fachanwalt für Erbrecht hinzuzuziehen.

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